Kein Meer von Kerzen,
Kein Strahlenkranz
Füllt müde Herzen
Mit Leuchten ganz;
Das thut alleine
Mit himmlischem Scheine
Der wunderbare Frühlingsglanz.
Kein Meer von Düften,
Kein Balsamrauch
Dringt zu den Grüften
Der Seele auch:
Das thut alleine
Mit himmlischer Reine
Der wunderbare Frühlingshauch.
Doch, Herz, was sollen
Nur Duft und Schein?
Zum Glück, zum vollen,
Muß Eins noch sein!
Schon kommt’s gezogen
Auf himmlischen Wogen: —
Der Geist, durch den der Friede Dein!
– Alfred Formey –
Der Text (Gedicht) ist Gemeinfrei.
Überfluss bringt einen auch nicht weiter
Das dreistrophige Gedicht „Kein Meer von Kerzen“ von Alfred Formey zeigt auf, dass der Mensch alles im Überfluss haben und doch keinen Frieden finden kann.
Jede Strophe besteht aus sieben Verszeilen, davon bilden die ersten vier Zeilen einen Kreuzreim (abab), darauf folgt ein Paarreim, der eingebettet ist ist von der vierten und siebten Zeile, die gemeinsam ebenfalls einen Reim bilden.
In der jüdischen und christlichen Tradition gilt die Zahl sieben als eine Art heilige Zahl. Zurückzuführen ist dies vor allem auf die Schöpfungsgeschichte (Genesis 1), denn darin heißt es, dass Gott nach Vollendung seines Werkes am siebten Tag ruhte.
Die erste und zweite Strophe sind sich vom Inhalt her ähnlich. Es können noch so viele Kerzen oder Düfte vorhanden sein, wenn der Himmel (gemeint ist Gott) nicht nachhilft, kann der Mensch die angenehme Seite des Frühlings nicht wahrnehmen. Hierbei hat offenbar der Dichter den Psalm 127 im Blick, denn darin heißt es: „Wenn der HERR nicht die Stadt behütet, so wacht der Wächter umsonst.“║1
Der Frühling steht für Aufbruch und Neubeginn. Aber was wird aus der Sicht von Alfred Formey neu anfangen? Die Antwort gibt er seinen Leser*innen in der letzten Strophe in den letzten beiden Zeilen: Der Geist (gemeint ist der Geist Gottes) bringt den erwünschten Frieden, nur dann kann der Mensch den Kerzenschein und die zahlreichen Düfte in ihrer Vollkommenheit erkennen.
Nicht nur, dass dieses Gedicht sehr einfach gestrickt ist, die Botschaft ist mühelos zu erkennen, sondern es ist auch beseelt vom christlichen Glauben. Es ist nicht geklärt, wann Alfred Formey das Gedicht verfasst hat, vermutlich nach 1872 (in dem Jahr erschien sein erster Gedichtband) und vor 1876. In diesem Zeitraum hielt er sich zwischendurch als Prediger in Chile auf║2 und 1875 erschien der Gedichtband „Nach Hause!“, indem diese Verszeilen „Kein Meer von Kerzen“ enthalten ist.
> Siehe auch: Designerkarte (₪): Opus 28
Einzelnachweise:
1: Vgl. Bibelserver (₪): An Gottes Segen ist alles gelegen. Psalm 127,1, Lutherbibel 2017, zuletzt besucht am 18.01.2022
2: Vgl. Wikipedia (₪): Alfred Formey, zuletzt besucht am 17.01.2022